Was Väter für ihre Söhne tun können

Der folgende Artikel wurde von der amerikanischen Selbsthilfeorganisation „People Can Change“ („Menschen können sich verändern“) veröffentlicht. Auf ihrer Website berichten die Männer, wodurch sie aus homosexuellen Orientierungen heraus gefunden haben und welche Wege der Veränderung sie dabei gegangen sind. Aus der Reflektion ihrer eigenen Vater-Beziehungen geben sie Anregungen, wie Väter solche Veränderungsprozesse hilfreich unterstützen können.

 

Wie können Eltern für ein heilsames Umfeld sorgen?

Hier ist besonders der Vater gefragt. Innerhalb der Familienbeziehungen ist die Vater-Sohn-Beziehung in der Regel diejenige, die am meisten verletzt ist, zumindest sieht es der homosexuell empfindende Sohn so. Deshalb liegt in dieser Beziehung auch das größte Veränderungspotential.

Wahrscheinlich ebenso wichtig ist: Für den Sohn hängen seine homosexuellen Probleme eng mit Minderwertigkeits-gefühlen in Bezug auf seine Männlichkeit zusammen und damit, dass er [bestimmte] männliche Rollenvorbilder ablehnt. Wenn der Vater bereit ist, eine Mentorenrolle für seinen Sohn zu übernehmen, liegt hier viel heilsames Potential.

Die meisten von uns haben, als wir aufwuchsen, unsere Väter als distanziert, kühl oder als an uns desinteressiert erlebt. Schon in sehr frühem Alter haben wir unsere Väter deshalb als Vorbilder für uns abgelehnt; sie waren für uns nicht Quelle bedingungsloser Liebe, Annahme und Wertschätzung. Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob unsere Sichtweise der Realität entsprach. Es bringt auch nichts, solche Wahrnehmungen jetzt zu rechtfertigen. Unsere subjektiven Wahrnehmungen wurden zu unserer Realität: Für uns war es so.

Was können Väter tun?

Sagen Sie Ihrem Sohn, dass Sie ihn lieben, wertschätzen und respektieren.

Sagen Sie ihm dies mit Ihnen angemessenen Worten. Sie müssen es aber aussprechen. Denken Sie nicht, dass er das eigentlich schon wissen müsste.

Reden Sie mit ihrem Sohn über seine Gefühle.

Übergehen Sie die Sache nicht einfach, weil es für Sie schmerzhaft ist oder weil Sie nicht recht wissen, was Sie sagen sollen. Es gibt Väter, die blicken – übertragen gesprochen – kaum von der Zeitung auf, wenn ihr Sohn ihnen mitteilt, dass er mit homosexuellen Empfindungen kämpft. Einige Väter erwidern dann, dass sie es schon gewusst haben. Oder sie sagen: „Ja und?“, oder entmutigen ihre Söhne auf andere Weise, so dass diese das Thema möglichst nicht mehr zur Sprache bringen. Viele Väter wollen einfach nicht darüber reden. Aber stellen Sie sich vor, Ihr Sohn würde Ihnen eröffnen, dass er Krebs hat, dass er den Nobelpreis gewonnen hat, dass er heiraten wird oder dass es irgendein anderes einschneidendes Ereignis in seinem Leben gibt und Sie würden einfach nicht mit ihm darüber sprechen wollen.

Was würde Ihr Sohn da denken darüber, wie groß Ihre Anteilnahme an seinem Leben und Ihre väterliche Fürsorge für ihn ist?

Bauen Sie Vertrauen auf, indem Sie ohne Kritik oder Verurteilung zuhören.

Hören Sie Ihrem Sohn zu um zu verstehen, was er durchmacht. Geben Sie nicht vor, alles zu verstehen oder eine Autorität auf dem Gebiet zu sein, wenn Sie nicht selbst mit homosexuellen Gefühlen gekämpft haben. Keine Schuldzuweisungen, kein Beschämen! Keine Ratschläge, wenn Ihr Sohn nicht danach fragt, und sagen Sie nicht: „du solltest…“. Bitten Sie Ihren Sohn immer wieder ausdrücklich, Ihnen mitzuteilen, wenn er das Gefühl hat, Sie beschuldigen oder beschämen ihn oder sind im „du solltest…-Stil“.

Übernehmen Sie die Rolle eines Mentors und Unterstützers für Ihren Sohn, versuchen Sie aber nicht, sein Leben zu bestimmen.

Einfach Anordnungen oder Befehle zu geben, wird nicht wirksam sein. Was Ihr Sohn jetzt braucht, ist ein Mentor, der ihm echte männliche Liebe und männliche Wertschätzung entgegen bringt. Fragen Sie ihn, wie Sie ihn unterstützen können. Hören Sie zu und seien Sie bereit, alles zu tun, was Sie tun können. Wenn er das möchte und offen dafür ist: Bieten Sie ihm Unterstützung an bei der Suche nach geeigneten Therapiemöglichkeiten, Beratung oder nach Selbsthilfegruppen. Bieten Sie ihm auch Unterstützung an, wenn er lernen möchte, sich in der Welt heterosexueller Männer mehr zu Hause zu fühlen, sei es bei gemeinsamen Unternehmungen in der freien Natur, beim Sport, bei körperlichen Arbeiten oder dabei, besser zu verstehen, wie heterosexuelle Männer denken und fühlen und wie sie sich dabei von Frauen unterscheiden.

Richten Sie Ihr Hauptaugenmerk zunächst auf die Gefühle Ihres Sohnes, nicht auf Ihre eigenen.

Wenn irgend möglich, wenden Sie sich an Ihre Frau, Ihre Freunde oder andere Menschen, um Ihre eigenen Gefühle aufzuarbeiten. Bei den Gesprächen mit Ihrem Sohn sollte der Schwerpunkt zunächst auf den Gefühlen Ihres Sohnes liegen. Später, wenn Vertrauen gewachsen ist und mehr Sicherheit im Umgang mit dem sensiblen Thema, wird auch der Zeitpunkt kommen, an dem Sie Ihre eigenen Gefühle und Ansichten mitteilen können.

Fragen Sie Ihren Sohn, ob Sie ihn umarmen oder sogar richtig festhalten dürfen, wie man es mit einem kleinen Kind tut.

Ihr Sohn leidet ziemlich wahrscheinlich unter einem großen Mangel an körperlicher [nicht-erotischer!] Berührung, er fühlt sich ungeliebt oder hat den Eindruck, dass er Bedingungen erfüllen muss, um geliebt zu werden. Ob das gerechtfertigt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle: er empfindet so.

Sie als Vater, nicht die Mutter, sollte die führende Rolle übernehmen, um Unterstützung durch die Familie anzubieten.

Wahrscheinlich identifiziert sich Ihr Sohn noch zu sehr mit der Mutter und hat eine engere Bindung zu ihr, während seine Identifikation mit Ihnen, dem Vater, schwächer ist. Schon vor langer Zeit wäre es richtig gewesen, Ihrer Beziehung zu Ihrem Sohn mehr Gewicht zu verleihen. Die Mutter muss Ihnen, dem Vater, dazu Raum geben und sich selbst mehr im Hintergrund halten.

Suchen Sie mit Erlaubnis Ihres Sohnes auch außerhalb der Familie nach vertrauenswürdigen Männern, die Mentoren für Ihren Sohn sein können und ihm ihre Freundschaft anbieten können, ohne Vorbedingungen.

Versuchen Sie nicht, alles allein zu tun. So wie es Bereiche gibt, in denen nur Sie als Vater Unterstützung geben und eine heilsame Veränderung fördern können, so sind Ihnen als Vater auch Grenzen gesetzt. Schaffen Sie ein Umfeld liebevoll zugewandter, heterosexueller Männer, die Ihren Sohn in ihre Freizeitunternehmungen, Arbeit, ihr Glaubensleben und in andere männliche Aktivitäten miteinbeziehen.

Vertrauen in der Beziehung zu Ihrem Sohn können Sie nur aufbauen, wenn Sie verschwiegen sind.

Bitten Sie Ihren Sohn immer um Erlaubnis, bevor Sie etwas von seinem Leben anderen Menschen mitteilen.

 

© http://www.peoplecanchange.com/Family_Friends6.htm
Deutsche Version: © DIJG. Zum besseren Verständnis wurde der Text an einigen Stellen frei ins Deutsche übertragen.