Der kleine Junge

Ein Therapiebericht

Joseph Nicolosi

In seiner Kindheit hat Albert zahlreiche schmerzliche Erfahrungen gemacht. Die Beziehung zum Vater war von Angst und Ablehnung geprägt. Auch die Mutter konnte ihn in seiner männlichen Entwicklung nicht unterstützen. Emotional abgekoppelt von Männern und dem Männlichen, romantisiert er als Erwachsener andere Männer. Sie stehen für den Identitäts-Teil von ihm, den er auf seinem Weg vom Kind zum Erwachsenen nicht entwickeln konnte. Im Verlauf der Therapie erkennt Albert, was dies mit seinen homosexuellen Gefühle zu tun hat und wie er sich verändern kann.

Albert kam vorsichtig in mein Büro, als sei er unsicher, warum er mich sprechen wollte. Er warf mir einen raschen, scheuen Blick zu und widmete sich dann der Fensteraussicht auf den Ventura Boulevard. „Freut mich, Sie zu sehen, Mr. O’Connor.“ Ich zeigte auf einen der Sessel. Er setzte sich zögernd.
Ich setzte mich ihm gegenüber und blickte in das blasse Gesicht eines gepflegt gekleideten, etwas vollschlanken jungen Mannes. Albert ließ seinen Blick durch mein Büro gleiten und sagte: „Ich mag Ihre Pflanzen. Ihr Büro könnte ein botanischer Garten sein.“

Grün ist seit eh und je meine Lieblingsfarbe. Auf waldgrünen Tapeten hängen Drucke klassischer italienischer Gemälde aus der Hochrenaissance. Über der Couch ist ein zarter bernsteinfarbener Druck von Da Vincis Madonna mit dem Kind. Aus italienischen Terrakotta-Töpfen sprießen üppige Pflanzen bis zur Decke. Von den Regalen der mit Bögen abschließenden Bücherschränke aus dunklem Walnussholz, die zwei gegenüberliegende Wände dominieren, ergießen sich Farnwedel und Efeuranken an den dichten Buchreihen vorbei. Ich wusste, dass Albert diese Atmosphäre gefallen würde; am Telefon hatte er mir erzählt, dass er in einer großen Gärtnerei arbeitet.

Seine nächsten Worte waren: „Dieser Raum sieht aus wie mein Zimmer zu Hause – soviel Grün.“ Er lächelte gepresst. „Ich muss immer Pflanzen und Blumen um mich haben.“ Seine Stimme klang leicht effeminiert und wehmütig – ein wenig wie ein kleines Kind, das sich verirrt hat. „Heute kam eine ältere Dame mit einem Farn, der am Eingehen war, in den Laden. ,Ihr Farn braucht mehr Licht’, hab ich ihr gesagt. ,Farne lieben das Licht, solange es indirektes Sonnenlicht ist.’ Sie war sehr dankbar. Ich mag es, wenn ich jemandem so helfen kann.“ Ein zufriedenes Lächeln ging über sein Gesicht. „Ich fühle mich oft wie dieser sterbende Farn – wie eine Pflanze, die nicht genügend gepflegt wird.“

Eine gewisse Zartheit, fast schon Zerbrechlichkeit schien von Albert auszugehen. Er schien immer noch in der Traumwelt der Kindheit zu leben. Er wohnte immer noch mit seinen Eltern zusammen, in dem gleichen verschachtelten Bauernhaus in Malibu, in dem er groß geworden war. Sein älterer Halbbruder war längst fortgezogen und hatte geheiratet; andere Geschwister hatte er nicht.

In den ersten Sitzungen war Albert sehr still. Manchmal starrte er mich aus seinen ernsten, braunen Augen an, als wisse er nicht, was er sagen sollte. Erst nach einigen Wochen fühlte er sich sicher genug, um über seine intensiven sexuellen Gefühle zu sprechen. Albert kam sich wie ein kleiner Junge vor, der in dem Körper eines erwachsenen Mannes gefangen saß und von Wünschen und Antrieben zerrissen wurde, die er nicht wahrhaben wollte. Als er mir seine Geschichte erzählte, bröckelte das Bild vom lieben kleinen Jungen ab, und seine Worte wurden plastischer; seine Stimme klang dann schrill, fast schon hysterisch.

An einem Regentag begann Albert über einen häufig auftretenden Aspekt seiner Homosexualität zu reden, die ich die Entfremdung vom eigenen Körper nenne. Die meisten Homosexuellen berichten, dass sie ihrem Körper mit einer Art distanzierter Faszination gegenüberstehen, nicht mit der natürlichen Unbefangenheit, wie sie für den Nichthomosexuellen eher charakteristisch ist. Es ist genau diese körperliche Unbefangenheit, die heterosexuelle Männer für Homosexuelle oft so attraktiv macht. Alberts Entfremdung von seinem Körper war extrem. Er war in einem Elternhaus aufgewachsen, wo der männliche Körper als „schmutzig“ galt, als etwas, dessen man sich schämen musste.

An jenem Tag setzte er sich fast trotzig in seinen Sessel und berichtete in seiner Jungenstimme: „Ich hab ’ne schlimme Woche hinter mir, jede Menge komische Gefühle. Ich wusste fast nicht mehr was ich machen sollte.“ Seine Stimme wurde schuldbewusst. „Ich hab mich so geil gefühlt.“

„Eine schlimme Woche, weil Sie sich geil fühlten?“

„Ja. Ich konnte nicht schlafen. Ich war wütend, ohne zu wissen, warum. Jetzt sehe ich, dass ich auf sexuelle Regungen immer erst mal mit Angst und dann mit Wut reagiere.“

„Ihre Wut ist eine Abwehr gegen die Angst. Aber Angst wovor? Warum haben Sie Angst vor sexuellen Gefühlen?“

„Ich weiß nicht“, entgegnete er hilflos. „Das macht mich halt so… verlegen. Irgendwie komme ich mit meinem ganzen Körper nicht zurecht.“ Ich nickte. „Meine Mutter hat immer viel Trara um meinen Körper gemacht.“

„So?“

„Ja. Als ich klein war, kriegte sie immer einen halben Herzschlag, wenn ich ins Bett machte oder so was. Wenn ich krank war, trommelte sie sämtliche Tanten und Onkels zusammen und

bekam den nächsten Nervenzusammenbruch. Und dann… einmal ist sie richtig durchgedreht; da hat sie mich bei einer Art Sexspiel mit meinem Vetter erwischt.“

„Was für ein Spiel war das?“

„Mein Vetter fing damit an. In all den Jahren, die er das mit mir machte, hab ich das nie als sexuelle Belästigung oder Missbrauch betrachtet. Ich dachte immer, er sei mein bester

Freund.“

„Wie alt waren Sie, als das anfing?“ fragte ich.

„So um die neun Jahre. Mein Vetter war fünfzehn. Er war sexuell sehr aggressiv, wollte immer rumspielen. Ich hatte damals eigentlich keinen Menschen und muss gestehen, ich sehnte mich schrecklich nach Liebe. Jetzt muss ich mir selber vergeben, dass ich damals Sex als Liebe angenommen hab. Ich hab meinen Vetter Sachen mit mir machen lassen, die ich als falsch empfand und eigentlich hasste. Innen drin hab ich geheult, aber äußerlich hab ich diese Show abgezogen und ihn alles machen lassen, was er wollte.“

„Wie oft ist das passiert?“

„Sehr oft. Jedes Mal, wenn er zu uns kam, jahrelang.“

„Und Ihre Eltern? Waren die denn nicht da?“

„Ich weiß nicht, wo sie waren. Ich fühlte mich einfach hilflos, die ganze Zeit. Wenn ich bei meinem Vetter nicht mitgemacht hätte, hätte ich ihn nicht mehr als Freund gehabt. Er ist ein geborener Manipulierer. Seit ich ein kleiner Junge war, hat er mich ausgenutzt. Lange Zeit hab ich mitgemacht – äußerlich. Innerlich wollte ich es eigentlich nie. Ich redete mir ein, dass er mich liebte, aber in Wirklichkeit weckte das, was er mit mir machte, nur meinen Hass.“

Albert fuhr fort: „Und zuletzt hat er mich weggeschoben. In der Schule bin ich ein- oder zweimal mit einem anderen in die gleiche Sache reingeschlittert – ich war ihm zu Gefallen,

um ihn zum Freund zu bekommen. Ich weiß nicht, warum ich mich so von Männern hab ausnutzen lassen. Vielleicht, weil sie mir so toll und abenteuerlustig vorkamen und wir nachher immer so lustige Sachen machten.“

Albert meinte jenes männliche Element des Abenteuers und Spaßes, das im Leben des lieben kleinen Jungen gefehlt hatte.

„Und was machte Ihre Mutter, als sie Sie damals mit Ihrem Vetter erwischte?“

„Sie bestrafte mich, versohlte mich mit einem Gürtel und sperrte mich ein paar Stunden ins Bad ein. Ich glaube heute noch, dass ich deswegen die Platzangst hab.“

Er fuhr fort: „Wie ich schon sagte, seit diesen Dingen mit meinem Vetter hab ich nur ein-, zweimal mit jemandem Sex gehabt. Jedesmal hab ich äußerlich mitgemacht, aber innen drin hab ich’s gehasst. Ich dachte: ,Ich will das nicht, das tut mir weh.’ Aber im nächsten Augenblick dachte ich: ,Komm, das tut doch gar nicht weh, nur damals hat es wehgetan, als ich ein Kind war.’ – Ich fühle mich immer noch wie ein Kind, wenn es um Sex geht.“

Ich erklärte Albert die Theorie des „reparativen Antriebs“: dass seine Sexspiele als Junge ein Versuch waren, durch Kontakt mit anderen Männern seine eigene Männlichkeit zu erforschen und zu sichern. Wie die meisten Männer, die sich auf eine Reparativ-Therapie einlassen, war Albert erleichtert, als er verstand, dass sein homosexuelles Verhalten im Grunde der Versuch war, dadurch die Entfremdung von seiner eigenen Männlichkeit, seinem Mannsein, zu überwinden.

Albert hatte mir seine Kindheit als eine Zeit großer Einsamkeit beschrieben. Er hatte sehr wenig Kontakt zu anderen Jungen gehabt. Weder seine Mutter noch sein Vater konnten ihn in seiner männlichen Identität bestätigen. Als männliches Wesen fühlte sich Albert minderwertig und so hatte er versucht, seine ungestillten Grundbedürfnisse – Aufmerksamkeit, Zuwendung, Wertschätzung und Bestätigung seiner männlichen Identität – durch homosexuelle Kontakte erfüllt zu bekommen.

Die Beschämung durch seine Mutter, als sie auf die Sexspiele mit dem Vetter reagierte, hatte seine Entfremdung von seiner Männlichkeit nur noch vertieft.

„Sie müssen Ihrem Körper unbefangener und positiver gegenüberstehen“, erklärte ich ihm.

„Ich weiß“, sagte Albert. „Ich fühle mich wie jemand, der einen Sattelschlepper fahren soll, aber gar keinen Führerschein hat. Ich komme mir vor wie ein kleiner Junge im Körper eines Mannes.“ Seine jungenhafte Stimme wurde grell und laut: „Das ist so schwer für mich, so verdammt schwer. Ich fühl mich immer so verdammt schuldig, wenn ich mich nicht beherrschen kann.“

„Sie finden, dass Ihre Eltern Ihr Männlich-Sein nie akzeptiert haben.“

„Ich hab es immer gehasst, mich zu rasieren. Und Erektionen zu haben. Ich hasse es heute noch.“

Albert schüttete seine lange vergrabenen Frustrationen aus, als sitze er zum ersten Mal im Leben jemandem gegenüber, der ihn verstand. Seine Stimme wurde spröde und abgehackt. „Jedesmal, wenn mein Körper sich meldet, verkrampfe ich mich. Ich weiß: Gleich kannst du dich nicht mehr beherrschen und musst masturbieren. Und dann krieg ich Angst, dass jemand das merkt. Bevor ich verreise, versuche ich immer, mir einen Orgasmus zu machen. Ich habe Angst, dass ich feuchte Träume bekomme, wenn ich bei einem Freund übernachte oder mit jemandem campen gehe. Ich hab wahnsinnige Angst, dass jemand mein nasses Bett sieht.

Wenn ich in der Gärtnerei zur Toilette geh, bete ich immer, dass ich allein sein werde. Und dann gehe ich an eines der Becken und versuche, zu pinkeln.“

„Sie sind pinkelscheu“, sagte ich.

„Wie bitte?“ Er sah mich überrascht an.

„Man nennt es ,pinkelscheu’, wenn ein Mann nicht gut in einer öffentlichen Toilette urinieren kann. Das ist ein Selbstwertproblem, das mit der Homosexualität zu tun hat.“

Er wurde still. Dann sagte er: „Ich finde es furchtbar, dass ich ein sexuelles Wesen bin, das sich geil fühlen und Erektionen bekommen kann. Und noch furchtbarer, dass ich mir vorstelle, wie ich Sex mit Männern habe.“

Dann fragte er mich, und seine Stimme zitterte: „Dr. Nicolosi, was hab ich denn verbrochen, dass ich diese Demütigung verdient habe?“

Ich antwortete: „Ihr ,Verbrechen’ bestand darin, dass Sie einen männlichen Körper haben.“

„Ich fühle mich so erniedrigt durch meine sexuellen Gefühle.“ Albert stöhnte auf. „Was ich mich schäme, schäme, schäme!“

Er fuhr fort: „Das Masturbieren ist meine Art, meine Eltern dafür zu bestrafen, dass sie mich nie sexuell aufgeklärt haben. Es ist meine Methode, mich gegen meine Mutter, meinen Vater, meine Kirche zu wehren, die mich nicht sexuell sein lassen wollten.“

„Es ist eine Rebellion dagegen, wie ein geschlechtsloses Wesen behandelt zu werden“, sagte ich. „Ihre Masturbation ist eigentlich ein Stück Selbstbehauptung.“

Eine Spur Stolz war jetzt in Alberts Stimme zu hören: „Ja, eigentlich ist es so eine Du-kannst mich-mal!-Haltung in einem der schmerzlichsten Gebiete meines Lebens. Es ist meine Art, meinen Eltern zu sagen: ,Ihr habt mich nie als männliches Wesen gekannt oder gewollt, und da musste ich mir was einfallen lassen, um den Mann in mir rauszulassen.“

„Es ist bekannt, dass homosexuelle Männer häufiger masturbieren als heterosexuelle“, erklärte ich ihm. „Es ist der Versuch, einen rituellen Kontakt mit dem Penis herzustellen, einen Kontakt mit der verlorenen Männlichkeit.“

Albert nickte nachdenklich. „Ich hab soviel Angst in mir“, bekannte er. „Ich hab Angst davor, ein Mann zu sein. Ständig sagt mir diese innere Stimme: Du schaffst das nicht!“

Sein Kopf sank mit einem hilflosen Seufzer zwischen die Schultern. „Warum sag ich mir das bloß immer?“

„Es ist eine Art Drehbuch, dem Sie folgen“, meinte ich.

„Warum ist Sexualität gut für die anderen, aber nicht für mich? Warum kann ich nicht erwachsen werden wie alle anderen auch?“

Er beantwortete die Frage selbst, und ich hätte es nicht besser formulieren können: „Ich kann meinen Eltern immer noch nicht wie ein Erwachsener begegnen. Ich fühle mich immer noch wie ein Kind.“

Solche Worte hatte ich schon oft von meinen homosexuellen Klienten gehört. „Ich weiß, wie man bei Mama und Papa der liebe, kleine Junge ist, aber nicht, wie man ein Mann ist.“

Im Laufe der Monate machte Albert kleine, aber wichtige Fortschritte. Er wurde selbstbewusster und quälte sich nicht mehr so stark mit Schuldkomplexen über seine sexuellen Gefühle.

Albert ist ein besonders drastisches Beispiel für einen Mann, der sein natürliches Mannsein nicht akzeptieren kann. Aber viele homosexuell empfindende Männer können über eine ähnliche Vorgeschichte berichten: der reine, brave kleine Junge, der als Wesen ohne sexuelle Gefühle behandelt wurde. Diese künstliche, falsche Identität bekommt der Junge typischerweise durch seine Mutter. Der Vater – die einzig angemessene Quelle für die männliche Identifikation – bleibt für den Jungen emotional im Hintergrund, greift nicht ein, ja bemerkt den übermäßigen Einfluss seiner Frau womöglich gar nicht.

Eine überbehütende Mutter ist ein häufiges Merkmal im Werdegang des homosexuell Empfindenden. Sie weicht nicht von ihm, will ständig nur das Beste für ihren Sohn, ist aber nicht in der Lage, seine eigentlichen Bedürfnisse zu erkennen und auf sie einzugehen.

„Meine Mutter sagte oft positive Dinge zu mir, aber ich wusste, dass sie nicht stimmten. Einmal ärgerten mich ein paar Jungen, die Ball spielten. Ich muss damals so um die acht gewesen sein und ein bisschen unbeholfen. Da sagte meine Mutter: ,Komm, die Jungen brauchst du doch gar nicht, für die bist du doch zu gut!’“ Albert lachte wehmütig. „Der Trost tat gut, aber selbst damals hatte ich schon den Verdacht, dass sie mich anlog. Aber ich machte mit, weil mir das irgendwie gut tat.“

„Und was war die Lüge?“

„Dass ich besser war als die anderen Jungen und deshalb nicht mit ihnen zu spielen brauchte.“

Paradoxerweise wurde Albert von seiner Mutter aber nicht nur überbehütet, sondern in gewissem Sinne auch vernachlässigt. Albert erzählte mir, wie er als kleiner Junge einmal eine chronische Ohrentzündung hatte. Nach dem Motto „nur ja alles richtiger als richtig machen“ fütterte seine Mutter ihn daraufhin mit Antibiotika. Das Ergebnis war eine schwere Penicillinallergie, die Albert heute noch zu schaffen macht.

„Heute weiß ich, wie sehr meine Eltern mir meine Würde genommen haben.“ Alberts Stimme wurde noch trauriger. „Nur bei Ihnen hier hab ich die Freiheit, auch meine hässliche Seite rauszulassen.“

Er hielt inne und fuhr dann irritiert fort: „Das ist so komisch. Seit kurzem gehe ich innerlich immer mehr auf Distanz zu meinen Eltern. Ich versteh das nicht, denn trotz allem, was da passiert ist, liebe ich sie doch immer noch.“

„Nein, das ist nicht komisch“, versicherte ich. „Sie haben angefangen, sich wichtigen, lange verdrängten Problemen zu stellen. Sie fangen an, sich, Ihre Eltern und den Einfluss, den sie auf Ihr Leben gehabt haben, nüchtern anzuschauen. Zu solch nüchternem Ansehen muss man ein paar Schritte zurücktreten.“

Er seufzte frustriert auf. „Ich wollte, ich könnte Sie einen Monat lang jeden Tag besuchen und diesen Kampf hinter mich bringen. Einen Monat Urlaub von meinem Job und die ganze Scheiße hinter mich bringen!“

„Sie können den Prozess der Selbstannahme nicht forcieren“, sagte ich ihm. „Es ist nicht einfach, die Sicht, die wir von uns selbst haben, zu ändern. Es braucht Arbeit und ist ein allmählicher Prozess mit vielen kleinen Erfolgsschritten.“

Albert schien enttäuscht zu sein: „Ja, wenigstens bin ich meiner Masturbationssucht nicht mehr ganz so ausgeliefert wie früher. Es ist nicht mehr so ein Krampf. Früher hatte ich es einmal tatsächlich geschafft, über ein Jahr nicht zu masturbieren. Ich hab gebetet, bin meilenweit gewandert, hab alles Mögliche gemacht, um nicht soviel an meinen Körper denken zu müssen. Es war eine sehr demütigende Zeit. Und dann kam diese Sucht wieder. Ich hatte dauernd homosexuelle Fantasien, musste die ganze Zeit an Sex denken. Ich versexte jedes Wort, das man auch nur um drei Ecken herum sexuell verstehen kann. Jedes Mal wenn ich das Wort ‚es kommt’ hörte, musste ich an den Orgasmus denken. Vor lauter Angst bin ich dann zu Ihnen gekommen.“

Ich unterbrach ihn: „Obwohl Sie ein ganzes Jahr die Zähne zusammengebissen haben, hat die Masturbation Sie immer noch kontrolliert. Wenn Sie dieses Problem unter die Füße kriegen wollen, dann müssen Sie gelassener und toleranter mit sich selber werden.“

Albert fuhr mit seiner Beichte fort. „Wenn ich es nicht mehr packte, fing ich an, schmutzig zu reden. Ich konnte die dreckigsten Pornogeschichten schreiben, die Sie sich vorstellen können.“ Er kicherte. „Porno total. Es war eine Hassreaktion, die nackte Wut. Das war nicht ich, ich war ja immer der fromme heilige Franziskus.“ Er lächelte zynisch. „Behüter der Bäume und Blumen.“

Es wurde klar, dass Albert von zwanghaften Neigungen geplagt wurde. Dass er aber in seiner Therapie diese wohl gehüteten „schmutzigen Geheimnisse“ offen ausdrücken konnte, und dann noch gegenüber einem anderen Mann, nahm ihnen die Spitze.

Seine Stimme wurde wieder haltlos. „Wie komm ich jemals raus aus diesem Labyrinth, wenn es doch so scheint, als ob ich gerade so sein soll? Meine Eltern wollen doch den lieben kleinen Jungen. Aber mein Körper zieht mich in die andere Richtung. Das ist doch ein Widerspruch!“

„Und diesen Widerspruch leben Sie auch aus“, erklärte ich ihm. „Sie versuchen, beides gleichzeitig zu sein: der brave kleine Junge und derjenige, der masturbationssüchtig ist. Sie versuchen, sich von Ihrem eigenen Geschlecht abzukoppeln, fast so, als ob Sie schizophren wären.“ Albert wurde nachdenklich. „Ich glaube, vieles an meinem Verhalten ist eine Reaktion auf all das Elend, das ich als Junge durchmachen musste, einfach weil ich ein Junge war! Manchmal dachte ich: ,Wenn ich nur ein Mädchen wäre, würden meine Eltern mich vielleicht lieben.’“

„Warum hätten sie Sie dann mehr geliebt?“

Alberts Stimme wurde unsicher. „Ich weiß nicht. Aber meine Mutter kam mit ihrem Jungen nicht zurecht, und mein Vater – dem war ich schnurzegal. Wenn er mal was unternahm, dann nicht mit mir, sondern mit David, dem Sohn aus seiner ersten Ehe.“

Albert schwieg. Dann nannte er die nächste Mauer, die seine Kindheit eingeengt hatte. „Meine Mutter hatte das Sagen zu Hause. Sie beherrschte meinen Vater und mich, vierundzwanzig Stunden am Tag. Mein Vater stand genauso unter ihrem Pantoffel wie ich. Er hätte sagen können, was er wollte, ich glaube, es hätte keine Wirkung auf mich gehabt. Alberts Stimme wurde wieder hysterisch. „Warum kann ich mich an nichts erinnern, das mein Vater und ich gemeinsam gemacht haben? Warum sind diese Erinnerungen so begraben, so weit weg?“ Er gab die Antwort selbst: „Weil meine Mutter alles andere überlagerte, dominierte. Alles war in ihrer Macht.“ Er schrie es fast: „Was meinen Sie denn, warum ich mich so machtlos fühle? Weil ich immer noch in ihrer Macht bin! Auch heute steht sie noch über mir und bestimmt alles.“

„Sie haben vollkommen recht“, sagte ich.

Er beruhigte sich etwas. „Ich führe gar nicht mein eigenes Leben, sondern das meiner Mutter. Das ist kein Witz. Jeden Tag läuft mir etwas über den Weg, wo ich mich fragen muss: ,Was würde Mama jetzt sagen?’ Ich stehe in der Küche, beiße in einen Kräcker – und habe Angst, dass die Krümel auf die Erde fallen. ,Krümel locken Ameisen an, Albert!’ Die Haare im Waschbecken muss ich mit einem Papiertaschentuch aufwischen. ,Ein guter Junge verlässt das Bad so, wie er es vorgefunden hat, Albert!’ Dauernd diese ‚Was sagt Mama?’-Gedanken.“

Darum identifizierte sich Albert auch so mit den Pflanzen, die er pflegte. Er bemutterte sie so, wie er selber bemuttert werden wollte – sanft und freundlich. „Ich weiß, ich muss mich entscheiden“, meinte Albert. „Ich kann hier bei Ihnen lieb und nett und oberflächlich sein – oder ich kann brutal ehrlich sein und das Gespräch mit Ihnen für die Heilung meiner Verletzungen nutzen.“

„Richtig“, bestätigte ich. „Der Kern der Therapie besteht darin, sich die vergangenen Wunden langsam wieder zu vergegenwärtigen und dann nach und nach das wahre Ich, das wahre Selbst, zurück zu gewinnen Durch die Verletzungen waren Sie von Ihrem wahren Selbst abgetrennt.“

„Seit ich zu Ihnen komme“, sagte Albert fast wütend, „fühle ich mich immer mehr wie ein hilfloses kleines Kind. In den letzten paar Wochen hab ich mehr geheult als in den letzten fünf Jahren.“

Ich erklärte ihm, dass die Therapie verdrängte Gefühle ans Licht brachte und dass dies völlig normal sei.

„In der letzten Zeit passiert es mir, dass meine Gefühle mit mir durchgehen – dank Ihnen“, sagte Albert scharf. Meinte er das sarkastisch? Ich fragte nicht nach.

„Wie fühlen Sie sich, wenn Sie weinen?“ fragte ich.

„Ich schäme mich natürlich. Als kleiner Junge hab ich mir geschworen, nie zu weinen, und ich hab das auch eingehalten.“ Er klang auf einmal stolz: „Aber dieses Weinen jetzt kommt von ganz tief drinnen, von einer tiefen Wunde – als wenn ich von irgendwas viel zu früh weggerissen wurde, etwas, nach dem ich mich die ganze Zeit furchtbar sehne.“

„Sie können das, wonach Sie sich da sehnen, zurückbekommen“, sagte ich ihm.

„Und wie soll das gehen?“

„Durch Einsicht, und dann durch neue Beziehungen.“

„Neue Beziehungen?“

„Ja. Weil das bloße intellektuelle Verstehen allein niemanden verändern kann.“

„Und was verändert einen dann?“ fragte Albert nachdenklich.

„Neue Erfahrungen. Bis jetzt wissen Sie noch nicht, wie es ist, mit einem Mann eine enge, nicht-sexuelle Freundschaft zu haben. Das ist Ihr nächstes Ziel, an dem Sie arbeiten müssen.“

Albert kam immer auf die Sekunde pünktlich, als sei für ihn jeder Augenblick wertvoll.

Eines Tages erzählte er mir – sein Ton wurde inzwischen fester, selbstbewusster: „Allmählich erlebe ich hier richtige Durchbrüche. Große Blitzschläge, wo ich schlagartig zu mir komme. Ich merke, wie ich Fortschritte mache.“

Eines Tages eröffnete er mir etwas ganz Neues. „Eigentlich hat meine Mutter mich hierher in die Therapie geschickt. Sie merkte, dass ich einsam und unglücklich war, und dachte, es könnte mir helfen, mich mit jemandem auszusprechen. Viel Geld verdienen tue ich in der Gärtnerei nicht, und da geben sie und Vater mir Geld, damit ich zu Ihnen kommen kann.“

Ich war überrascht. Alberts Mutter war mir nicht wie eine Frau vorgekommen, die wollte, dass ihr Sohn sein wahres Ich (wahres Selbst) entdeckte. Andererseits wusste sie natürlich nicht, welche Probleme ihn eigentlich quälten.

„Das war ja sehr verständnisvoll von Ihren Eltern“, sagte ich.

„Naja, von meiner Mutter“, verbesserte er mich. „Vater lässt sich halt mitziehen.“

Ich fragte ihn: „Und wie finden Sie das, dass Ihre Eltern Ihnen die Therapie bezahlen?“ Die Sache musste doch einen Haken haben. Vielleicht fühlte sich Albert durch soviel Großzügigkeit bevormundet?

„Prima!“ rief er aus. „Die haben mich in diese Scheiße reingebracht, da können sie mich auch wieder rausziehen!“

Das klang nicht unlogisch. Ich akzeptierte seine Antwort vorläufig, nahm mir aber vor, auf mögliche elterliche Einmischungsversuche acht zu geben.

„Ich hab gemerkt, dass ich mir in der letzten Zeit wieder häufiger andere Männer ansehe“, sagte Albert. „So ein innerer Schaufensterbummel, wissen Sie. Hinterher hab ich dann immer ein schlechtes Gewissen. Gestern Abend bin ich ins Einkaufszentrum gegangen, und da sah ich diesen Typ, vielleicht in meinem Alter. Die eine Hälfte von mir fühlte sich magnetisch angezogen, die andere wollte ihn wegstoßen. Komisch.“

Ich sagte: „Ich glaube, Sie müssen deswegen andere Männer anschauen, weil Sie in sich selbst noch kein passendes männliches Bild tragen; und da suchen Sie dieses Männlichkeitsbild eben draußen.“

Albert nickte. „Eigentlich ist das zum großen Teil nur Neugierde; ich will irgendwie herauskriegen, wie das ist: ein Mann sein.“ Er klang halb verzweifelt.

„Und welcher Teil von Ihnen will ihn wegstoßen?“

„Der Teil, der Angst vor Männern hat.“ Ich hörte deutlich seine Zwiespältigkeit gegenüber dem eigenen Geschlecht heraus, die so charakteristisch für die Homosexualität ist. Selbst da, wo er andere Männer erotisierte, fühlte er sich in ihrer Gesellschaft nicht wirklich wohl.

Aber eine Konfrontation mit dieser schmerzlichen Ambivalenz schien Albert jetzt nicht zu wollen. Er zog sich in eine Diskussion über sein Dasein als glückliches Kleinkind zurück. Ich beschloss, ihn zu lassen.

„Ich wollte, ich könnte diesen ganzen Konflikt mit Sex und Erwachsensein vergessen“, sagte er. „Ich wollte, ich könnte zurück zu der Liebe, die ich spürte, als ich ein Baby war und mich einfach meines Daseins freute. Aber dann kam das Leben, und alles wurde wie ein böser Traum.“

„Wie kam das genau, dass Sie dieses glückliche Leben verloren haben?“ fragte ich.

Er dachte kurz nach und sagte dann: „Ich glaube, die Angst fing an, als ich dieses tiefe Zusammengehörigkeitsgefühl mit meiner Mutter verlor. Als ich den Kinderschuhen entwachsen war, fand ich keine erwachsene Identität, in die ich hineinpasste. Ich kam mir verlassen vor, ich hing in der Luft.“

„In gewissem Sinne war das auch so. In einer kritischen Phase Ihrer Entwicklung – der Geschlechtsidentitätsphase – hätten Sie sich von Ihrer Mutter abnabeln und mit aktiver Hilfe Ihres Vaters Ihre männliche Identität finden sollen. Ihr Vater steht für die Anforderungen der Außenwelt. Wie Sigmund Freud gesagt hat: Der Vater verkörpert das Realitätsprinzip. – Aber Sie haben nie notwendige Unterstützung von Ihrem Vater oder einer anderen männlichen Person bekommen.“

Wieder wechselte Albert abrupt das Thema und zog sich in seine Kleinkindträume zurück. „Ich habe viel gemalt als Kind. Ich war ein guter Maler. Bilder von lauter Mädchen-Sachen –Rosen, bunte Vögel, Balletttänzerinnen in ihren Röckchen. Nicht Soldaten oder Autos, sondern Dinge, die schön waren. Männer hab ich nie gezeichnet, irgendwie hatte ich kein Bild von ihnen in meinem Kopf. Ich wusste nicht so recht, wie ein Mann auszusehen hat. Wenn ich Maria, Josef und das Jesuskind malte, sah das Kind normal aus, wie ein Baby eben so aussieht. Am längsten habe ich immer an Maria gearbeitet – die Falten ihres Gewandes,

ihr Haar, ihre Nase, ihre Lippen. Ich versuchte immer, die schönste Madonna zu schaffen, die es gab. Aber bei Josef – keine Ahnung, sein Gesicht brachte ich einfach nicht zuwege. Als ich dann elf oder zwölf war, hab ich versucht, pornografische Bilder zu malen. Das war frustrierend, weil ich die Männer nie hinkriegte. Die wurden immer irgendwie weiblich. Ich versuchte, männliche Pornografiebilder zu malen, aber am Ende sahen sie immer

wie eine Madonna aus.“

„Nun ja“, sagte ich in gekünstelt frommem Ton, „die Madonna wird Gott sicher besser gefallen als Porno.“

„Wahrscheinlich“, lachte Albert. „Aber wissen Sie, vielleicht ist das der Grund dafür, dass manche Schwule sich als Modeschöpfer für Frauen betätigen, sie betrachten ihre Mütter immer noch als die Madonna.“ Er fügte hinzu: „Meine Mutter hat meine Wahrnehmung von anderen Menschen durcheinander gebracht. Man könnte sagen, dass sie mich nicht sehen ließ, wo sie aufhörte und wo ich anfing. Das ist jetzt noch so: Wenn ich mich in der Gärtnerei mit einer Kundin unterhalte, dann fühle ich mich wie sie. Es ist, als ob zwei Frauen miteinander schwätzen. Aber das will ich doch gar nicht. Das ist glatt so wie damals, als ich als Teenager eine Freundin ausführte. Äußerlich sah es wie eine ganz normale Junge-Mädchen-Freundschaft aus, aber innen drin schienen wir irgendwie gleich zu sein – zwei Mädchen. Brrr! Ich könnte kotzen, wenn ich daran zurückdenke.“

Ich freute mich, als ich hörte, wie Albert sein Unbehagen ausdrückte. Es zeigte mir, dass Alberts Unabhängigwerden vom Weiblichen (die Individuation) echte Fortschritte machte.

„Wissen Sie“, sagte Albert, „es gibt Zeiten, da will man allein sein als Mann. Ich mache gerade in meiner Garage ein Fitnesstraining. Wenn ich so richtig ins Schwitzen komme, ziehe ich mich bis auf die Unterhose aus. Und dann kommt meine Mutter rein und sagt: ,Oh, toll! Komm, wir trainieren zusammen!’ Dann sage ich ihr: ,Ich will das aber allein machen!’ Da steh ich in meinen Unterhosen und schwitze mich mit den Hanteln ab, aber meine Mutter scheint das alles nicht zu rühren. – Mutter und ich sind beide im gleichen Fitness-Club, und sie will immer, dass ich mit ihr zusammen hingehe. In ihrer Familie war man halt immer zusammen. Immer schön zusammen – das ist ihre Welt.“

„Vielleicht sollten Sie ihr mal sagen, wie Sie das empfinden“, sagte ich. „Sie weiß ja gar nicht, wie ein junger Mann da fühlt; sie ist ja eine Frau.“

Alberts Beschwerde über seine Eltern war recht typisch für den männlichen Homosexuellen. Als Junge hatte er nicht genügend Vater und zuviel Mutter gehabt, und sowohl das Fehlen des

Vaters als auch die ständige Einmischung und Überbehütung durch die Mutter gingen ihm auf die Nerven. Der Vater gab ihm keine Kraft – und die Mutter nahm ihm die wenige, die er hatte.

„Erklären Sie doch Ihrer Mutter einfach, warum Sie diese Übungen machen.“

„Wenn ich nur wüsste, wie ich das tun soll“, sagte Albert entmutigt. „Ich hab den Eindruck, ich rede gegen eine Wand. Zum Schluss streiten wir uns immer.“

„Und das kostet Kraft“, sagte ich.

„Und wie! Niemand nimmt mir so viel Energie weg wie meine Mutter.“

Ich wiederholte: „Niemand nimmt Ihnen so sehr Ihre männliche Energie wie Ihre Mutter.“

Er stöhnte tief auf, der Schmerz in den Tiefen seiner Seele stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben.

Ich beschloss, eine Gedankenbrücke zu schlagen. „Und das ist der Grund, warum Sie diese Scheu vor Frauen haben.“

„Meinen Sie?“, seine Stimme war die eines überraschten Kindes.

„Ja. Sie trauen Frauen nicht. Sie haben wohl platonische Freundinnen. Aber sobald Sie merken, dass es ernster wird, bekommen Sie Angst, dass die Freundin Sie beherrschen und Ihnen Ihre persönliche Energie nehmen wird – wie Ihre Mutter.“

Dann fragte ich: „Können Sie nicht mit Ihrer Mutter darüber reden, wie Ihnen zumute ist, wenn Sie mit ihr zusammen sind?“

„Sie versteht mich nicht“, sagte er leise, aber fest. „Wenn ich versuche, ihr mein Bedürfnis nach mehr Unabhängigkeit zu erklären, wird sie sich nur zurückgesetzt und beleidigt fühlen.“

„Gibt es vielleicht etwas anderes, über das Sie mit ihr reden könnten?“

„Nun ja, über einige meiner Defizite und Bedürfnisse schon.“

„Prima“, sagte ich. „Das ist sowieso der Kern des homosexuellen Problems: Sagen Sie ihr, dass Sie ein stärkeres Gefühl für Ihre Männlichkeit entwickeln wollen.“

Albert sprach weiter. „Seit zwei Wochen fahre ich mit Jack, jemand aus meinem Fahrradclub, Fahrrad. Wir fahren immer zehn Meilen auf der Küstenstraße, morgens, bevor ich in die Gärtnerei gehe.“

„Super! Sind Sie gerne mit Jack zusammen?“

„Ja. Wenn ich morgens aufstehe, hab ich nicht dieses Blei in den Knochen, sondern steh gerne früh auf, wenn es draußen gerade hell wird, und der Küstenwind noch kühl ist. Ich komme prima aus mit Jack. Vor allem hab ich keine Angst, was er über mich denkt. Aber ein bisschen schüchtern bin ich schon noch mit dem Fahrradfahren. Ich hab Angst, dass die Leute mich sehen und denken: Mensch, der ist ja schwul. Manchmal hab ich auch Angst, dass ich auf ’nen Stein fahre und dann auf den Hintern falle. Aber sobald ich mich warm gefahren hab, ist das weg und ich denke mir: ‚Mach deine Sache, und fertig.’ Und wenn ich aufhöre, mich selber zu beobachten und darüber nachzugrübeln, wie ich wohl aussehe – dann spüre ich auf einmal diese Kraft inmir.“

„Sie machen gute Fortschritte“, sagte ich. „Sie haben das Feuer in sich angezündet, und jetzt müssen Sie es gut am Brennen halten. Wenn man kein Brennholz nachlegt, geht so ein Feuer wieder aus. Das Feuer ist der neue Antrieb, den Sie für Ihre Entwicklung bekommen haben. Das Brennholz sind neue Herausforderungen. Ein solches Stück Holz wird das Gespräch mit Ihrer Mutter sein. Ein anderes können diese Fahrradtouren sein. Wieder ein anderes besteht darin, Ihre echten Männerfreundschaften mit heterosexuellen Männern zu pflegen. Das sind die Dinge, die das Feuer am Brennen halten.“

Einige Monate später kam Albert ganz aufgeregt in mein Büro. „Nachdem ich Sie das letzte Mal gesprochen hab, ist was absolut Unglaubliches passiert.“ Seine Stimme klang jetzt stärker. Selbst jetzt, wo er so aufgeregt war, war das Hysterische weg. Er sah auch nicht mehr an mir vorbei, sondern direkt in mein Gesicht.

„In der letzten Sitzung fühlte ich mich so schwach und einsam. Muss wohl Selbstmitleid gewesen sein. Aber Sie haben mich nicht bemitleidet, Sie haben mir Dampf gemacht. Es tat mir weh, das muss ich sagen. Und dann, vier Abende später, hat mich Steve aus unserer Gruppe angerufen und mir auch Dampf gemacht.“

„So?“ Ich war angenehm überrascht, dass Steve so energisch sein konnte.

„Ja. Er hat es mir richtig gegeben. ,Jetzt raff dich endlich auf und kämpfe wie ein Mann!’ hat er gesagt. ,Hör auf zu jammern und werd endlich erwachsen!’ Ich war wütend. Ich sagte ihm: ,Was bildest du dir ein, Steve?’ Aber er war nicht zu stoppen. ,Du gibst die größte Mitleidsparty der Welt’, sagte er, ,alles für Albert O’Connor. Erinnerst du dich an dieses Buch von Dr. van den Aardweg? Hör auf, dich so stinkernst zu nehmen. Wenn du raus willst aus dieser Selbstmitleidstour, dann übertreib sie erst und dann lach dich darüber kaputt.’ – Mann, das tat weh!“

Albert seufzte. „Als ich das Telefon auflegte, war mir hundeelend. Ich fühlte mich richtig verraten – zweimal den Kopf gewaschen gekriegt, erst von Ihnen, dann von Steve. Ich sagte: ,Scheiße!’ Aber dann hab ich nachgedacht. Steve hatte ja recht. Und Sie auch. Sie sagen beide

das gleiche. Und jetzt mache ich das wirklich so: Wenn mein Selbstmitleid wieder kommt, bausche ich es bis zur Lächerlichkeit auf, und dann lache ich, bis mir der Bauch wehtut.“

Er fuhr fort: „Ich hab Ihnen schon gesagt, dass ich letzte Zeit nur noch sehr selten ein Bedürfnis zu diesen Masturbationsmarathons verspüre. Ich habe den Eindruck, ich begreife allmählich, warum ich das überhaupt hatte.“

Seine Fortschritte waren wirklich erfreulich.

„Es tut sich was“, sagte er. „Das ist unglaublich, das ist so befreiend! Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich richtig lebendig.“

Er sprach wieder über seinen Fahrradklub. „Erst kam ich mir ja klein und hässlich vor neben diesen Fahrradkanonen, aber ich machte trotzdem mit. Letzte Woche sah ich auf einer unserer Fahrten dieses Mädchen, das da mitmachte. Keine Schönheitskönigin, hatte ein paar Pickel im Gesichte. Aber sie strahlte etwas aus, das mich faszinierte. Es war nichts Sexuelles, aber zum ersten Mal hab ich mich nicht selber wie ein Mädchen gefühlt. Irgendwie war ich unbefangen – ich war ich selber.“

Das Mädchen brachte ihn auf das Thema seines Körpers. ,,Auch jetzt, hier bei Ihnen – mein Körper macht mir keine Angst mehr.“

„Wie das?“ fragte ich.

„Jetzt zum Beispiel, in diesem Augenblick, hab ich keine Scheu, meine Hände zu bewegen.“ Er winkte mit der Rechten und fragte: „Sieht diese Handbewegung schwul aus, effeminiert? Und selbst wenn, es juckt mich nicht mehr. Nennen Sie es ruhig, wie Sie wollen.“

„Nun, ich sehe einfach eine Hand, die sich bewegt“, sagte ich. „Sie machen gute Fortschritte.“ Zum ersten Mal in dieser Sitzung sah er besorgt aus. „Aber“, sagte er, „das war früher auch schon, und dann bin ich auf die Schnauze gefallen.“

„Richtig“, sagte ich. „Aber was macht das? Sie fallen vielleicht noch öfter, aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Sie aus Ihren Stürzen lernen – und schneller wieder auf die Beine kommen.“

„Schneller auf die Beine? Wie meinen Sie das?“

„Es geht um die Zeit, die zwischen Ihrem Sturz und dem Weiterlaufen verstreicht. Es ist absolut wichtig, dass Sie sich nicht im Selbstmitleid suhlen.“

„Wenn ich diesen Schwung hab, dann fühle ich mich richtig befreit.“ Sein Gesicht wurde glücklicher. „Gerade jetzt zum Beispiel fühle ich mich wie – wie mein wirkliches Ich.“

„Dies ist Ihr wirkliches Ich“, sagte ich. „Das Ich, das spontan und auf Augenhöhe mit anderen ist, das offen, direkt und vertraut mit einem anderen Mann sprechen kann. Das Ich in Ihnen, das es nicht nötig hat, andere Männer zu verklären oder zu beneiden.“

Und ich musste denken: Ja, Albert wird langsam freier.

Gleich zu Anfang der folgenden Sitzung brachte Albert ein wichtiges Thema zur Sprache. „Meine Mutter war immer so besorgt und ängstlich und nervös – besonders bei meiner Gesundheit. Sie war besessen davon. Zum Teil sicher deswegen, weil sie selber als Kind ziemlich anfällig gewesen war. Als Kind hatte meine Mutter oft rasende Kopfschmerzen, und ich glaube, die Angst vor diesen Schmerzen hat sie auf mich übertragen. Ich selber hatte als Kind grässliche Magenschmerzen. Meine Mutter geriet jedesmal in Panik. Wenn ich Bauchschmerzen hatte, dachte sie, die Welt geht unter. Sie schüttete dauernd Tee oder sonst was in mich hinein und ließ mich eine ganze Woche nicht zur Schule. Jedes Niesen war eine größere Katastrophe. Für meine Mutter waren Krankheiten und Schmerzen nie etwas Natürliches. Es war gerade so, als hätte unsere Familie ein schweres Verbrechen begangen und würde nun durch die Krankheit dafür bestraft. Ich glaube, deswegen ist das Fahrradfahren auch so wichtig für mich. Ich will weg von diesem schwächlichen, anfälligen Körperbild. – Wenn immer ich irgendeinen Erfolg hatte, war das für mich wie ein Seiltanz. Ich wusste: Du kannst jeden Augenblick runterfallen. Deshalb konnte mich auch nie richtig darüber freuen. Ständig schärfte meine Mutter mir ein, wie leicht ich auf den Hintern fallen könnte. Ich konnte mich nie gut oder stolz oder glücklich fühlen oder von etwas begeistert sein.

Alberts Zwickmühle war ein gutes Beispiel für die Gültigkeit von Dr. Althea Horners Konzept der innewohnenden Kraft. Horner definiert diese Kraft mit: „ich bin“, „ich kann“, „ich will“. Dass ein Mensch diese innewohnende Kraft hat, wird ihm durch seine Eltern vermittelt. Das Gefühl des Jungen für diese innere Kraft ist mit seiner Männlichkeit verbunden, er entdeckt sie durch sein Männlichsein. Fühlt er sich nicht voll männlich, wird er sich immer in gewisser Weise kraftlos fühlen.

Albert sagte: „Ich stehe jetzt nicht nur früher auf, um radzufahren. Heute hatte ich auf einmal Lust, rauszugehen und Basketball zu spielen. Als Kind hab ich das nie getan. Nach all den Jahren wollte ich endlich einmal so einen Ball in meiner Hand spüren und erleben, wie das ist, wenn man ihn in den Korb wirft. Ich muss wohl ziemlich amateurhaft ausgesehen haben, aber das war mir egal.“

Ich erklärte ihm: „Wir wissen, dass eine echte Transformation im Gang ist, wenn wir viele kleine Änderungsschritte gleichzeitig feststellen. Zusammengenommen deuten sie alle auf eines hin: dass sich wirklich etwas ändert. In Ihnen passiert etwas.“

„Ich höre manchmal“, sagte Albert irritiert, „dass Homosexuelle gar nicht versuchen sollten, sich zu ändern, und dass ein Homosexueller seinen Gefühlen folgen sollte, ob er sie nun mag oder nicht.“ Seine Stimme wurde hart. „Was bilden die sich ein, dass sie mir vorschreiben wollen, ob ich mich verändern darf oder nicht? Ich hab mich in meiner alten Haut nie wohlgefühlt. So langsam werde ich eine andere Person, oder besser: Ich werde endlich Ich.“

Fast drei Jahre, nachdem er zum ersten Mal mein Büro betreten hatte, konnte Albert seine Therapie beenden. Seine Sprechweise war viel selbstbewusster, die gelegentlichen hysterischen Explosionen gab es nicht mehr. Er lächelte mehr als früher und sprach davon, eines Tages vielleicht seine eigene Gärtnerei zu besitzen.

Manche Mütter – wie die von Albert – sind so darauf fixiert, dass ihr Sohn ihnen zur Verfügung steht, dass dadurch seine männliche Selbstwerdung (Individuation) blockiert wird. Sie sind so in ihren eigenen narzisstischen Bedürfnissen gefangen, dass sie kein Auge für die Bedürfnisse ihres Sohnes haben. Robert Bly sagte: „Frauen machen Jungen, aber nur Männer können Männer machen.“ In Alberts Leben hatte es keinen Mann gegeben, der ihn zum Mann hätte machen können, denn Alberts Vater war nicht stark genug gewesen, um das ungesunde Mutter-Sohn-Band aufzubrechen. Albert musste mit einem Vater fertig werden, der nicht wusste, wie er auf seinen Sohn zugehen und eine Beziehung zu ihm bauen sollte. Um das emotional zu überleben, hatte Albert einen Schutzschild gegenüber Männern aufgebaut: die Defensiv-Distanz. Der britische Psychoanalytiker John Bowlby hat den Ausdruck „Defensiv- Distanz“ [detached defensiveness] geprägt, den die Psychologin Elizabeth Moberly dann auf die Homosexualität übertragen hat. Der Ausdruck beschreibt die Selbstschutzmanöver eines Kindes, das sich dadurch vor seelischen Verletzungen zu schützen sucht.

Alberts schmerzvolle Beziehung zu seinem Vater führte ihn genau zu dieser Defensiv-Distanz. Traumata und Verwundungen, wie sie durch Vernachlässigung, Missbrauch oder Feindseligkeit gegenüber dem Kind entstehen, führen zur Angst, und Angst ist die Grundlage für Entfremdung. Der in Angst Gefangene fühlt sich von denen, die die Angst verursacht haben, entfremdet. Albert hatte seine Defensiv-Distanz gegenüber seinem Vater auf seine Beziehungen zu anderen Männern übertragen. Emotional abgekoppelt von Männern und dem Männlichen, romantisierte er die Männer. Sie standen für den Teil von ihm, den er nicht für sich nicht in Anspruch genommen hatte.

Obwohl der Homosexuelle sich in andere Männer verliebt und mit ihnen sexuell wird, bringt er es nie fertig, sich mit dem Männlichen wirklich zu identifizieren. Er bewundert das Männliche, verklärt es, und trägt auf der Oberfläche vielleicht sogar eine männliche Rolle, aber es bleibt doch ein innerer Widerstand gegen die volle Identifizierung mit dem Männlichen. Dieser Widerstand, die Defensiv-Distanz, führt in den Männerbeziehungen zu Krittelei und häufigem Partnerwechsel. In die Männerliebe des Homosexuellen mischen sich Feindschaft und Angst. Damit werden die homosexuellen Männerbeziehungen unweigerlich ambivalent.

Nur in dauerhaften Männerbeziehungen, die eng, vertraut, akzeptierend, ehrlich und nicht-sexuell sind, kann der homosexuelle Mann an eine Auflösung seiner Defensiv-Distanz gehen, die seine Ambivalenz gegenüber dem eigenen Geschlecht verursacht hat.

Albert hatte diese Auflösung durch Beziehungen mit vielen Männern geschafft: zu mir, zu Kollegen und Männern in seiner Männergruppe.

Jeder von uns, ob Mann oder Frau, trägt den Antrieb der romantischen Liebe in sich. Dies ist eine der Weisen, durch die die Natur den Fortbestand der Menschheit sicherstellt. Die Macht des Verliebtseins kommt aus unserem unbewussten Antrieb, ein „ganzer“ Mensch zu werden. Bei heterosexuell Empfindenden bringt dieser starke Antrieb Mann und Frau zusammen. Bei homosexuell Empfindenden dagegen versucht dieser Antrieb, ein Defizit in der Ganzheit des eigenen Geschlechts auszufüllen. Zwei homosexuelle Männer können sich deshalb einander nie in einem vollen und freien Sinne öffnen – nicht nur aus anatomisch-körperlichen, sondern auch aus psychologischen Gründen, bringen doch beide Partner das gleiche Defizit in die Beziehung hinein: jeder sucht symbolisch beim anderen nach der Ganzheit seines eigenen Mannseins.

Etwa ein Jahr später rief Albert mich zu einem Tune-up (Neu-Abstimmung) an, wie wir das nennen. Nach dem Ende seiner Therapie war er einer Selbsthilfegruppe ehemaliger Homosexueller beigetreten, die ihm sehr geholfen hatte. In ihr hatte er weiter seine frühere Beziehung zu den Eltern untersucht, um ihren Einfluss auf sein Leben besser zu verstehen.

Albert erwähnte, dass er jetzt eine Freundin hatte: Helene. Er hatte sie in seiner Gärtnerei kennen gelernt. „Sie mag Usambaraveilchen“, erzählte er begeistert. Sie gingen seit sechs Monaten miteinander. Noch ehe ich die Frage stellen konnte, sagte Albert: „Ja, sie weiß alles.“ Er beschrieb Helene als „den besten Freund, den ich je gehabt habe. Ich kann ihr alles sagen, und sie versteht mich und steht zu mir.“ Er beschrieb ihre Beziehung als „körperlich, aber noch nicht sexuell“.

Alberts Beschreibung seiner Gefühle für Helene war nicht ungewöhnlich für einen Mann mit homosexuellem Hintergrund. Solche Männer finden erst allmählich zu einer sexuellen Intimität mit einer Frau. Oft entwickeln sich ihre Beziehungen in drei Phasen: zuerst Freundschaft, dann Zuneigung und schließlich als Ausdruck der Zuneigung: Sexualität. Der typische heterosexuelle Mann dagegen wird sich zunächst sexuell zu einer Frau hingezogen fühlen und erst danach entdeckt er sie als Freundin.

Viele ehemalige Homosexuelle erwarten, dass sie genauso zu Frauen hingezogen werden wie Heterosexuelle. Doch auf Grund ihrer Vorgeschichte ist ihre Art und Weise, auf Frauen zu zugehen, meist anders: erst Freundschaft, dann Sex. Wir sollten ihnen versichern, dass das nur ein anderer Weg ist zum selben Ziel.

Über seine homosexuellen Neigungen sagte Albert: „Das ist jetzt ganz anders als früher. Durch Helene hab ich mir das Ziel gesetzt, die Heterosexualität, die ich früher nicht entwickeln konnte, voll in Anspruch zu nehmen, und ich fühle mich Helene gegenüber verantwortlich. Ich stehe nicht mehr allein da. Helene ist an meiner Seite. Wenn sich jetzt die alten Neigungen regen wollen, frage ich mich gleich: ,Was geht hier vor?’ Und dann kann ich diese Gefühle für andere Männer auf Gefühle über mich selber zurückführen, zum Beispiel: ,Ich habe Angst’, oder: ,Ich bin im Stress’ oder was immer.“

Albert fuhr fort: „Die homosexuellen Neigungen stehen heute für mich für etwas, das mir als Kind zugestanden hätte, das ich aber nie bekam. Und ich bekomme das jetzt immer mehr durch meine Männergruppe und durch Freundschaften mit anderen Männern. Das ist super.“

Ich fragte: „Sind Ihre Neigungen also nicht vollständig verschwunden?“

In einem ungewöhnlich entschiedenen Ton erwiderte Albert: „Ich glaube schon, dass sie dann und wann auch einmal wiederkommen können; meine Wunden waren ja sehr tief. Ich sehe mein Wachstum als einen kontinuierlichen Prozess. Die Liebe und Unterstützung durch Helene und durch die Kumpels in der Gruppe – das bringt’s.“

Es schien, als habe Albert endlich den Begriff des falschen Ich oder falschen Selbst – der Identitätsstruktur, die hinter dem schwulen Selbstetikett liegt – erfasst. „Ich verstehe immer besser, wie meine Erziehung zu Hause mich bis heute geprägt hat. Die Sprüche, die ich als kleiner Junge geglaubt habe, waren: ,Du bist schwach, du bist kein Macho, du bist nichts.’ Von der Pubertät an hab ich das übersetzt in: ,Du musst schwul sein.’ Aber jetzt lehne ich diese falsche Identität, die die anderen mir verkaufen wollten, ab. Nein, ich bin nicht schwul. Ich bin entschlossen, der Mann, der ich sein will, selber zu sein – und nicht mich in ihn zu verlieben.“

Quelle: Joseph Nicolosi, „Homosexualität muss kein Schicksal sein – Gesprächsprotokolle einer alternativen Therapie“, Kapitel 1 (Übersetzung geringfügig bearbeitet). © 1995 Aussaat Verlag GmbH, Neukirchen-Vluyn, Originalausgabe © 1993 Jason Aronson Inc. New Jersey.